Donnerstag, 6. Januar 2011

Der Umzug

Nun stand es also fest: Wir ziehen nach Oldenburg [in Niedersachsen. Nicht zu verwechseln mit Oldenburg in Holstein, das liegt an der Ostsee. Diese Verwechslung ist Ephraim Kishon passiert. Das Publikum wartet in Oldenburg (Oldb) und der Schriftsteller sitzt in Oldenburg(Holst)]

Der Umzug sollte zunächst Anfang November sein, wenn Alinas Vertrag beginnt. Wir haben dann aber entschieden, dass wir wegen der Wohnungssituation in Oldenburg und unserer finanziellen, d.h. doppelte Miete für einen Monat war ausgeschlossen, erst im Dezember umziehen.

Ich habe das Umzugsunternehmen W. um einen Kostenvoranschlag gebeten; unser Auszug aus der Lagerbox vor drei Jahren ist mit ihnen gut und günstig gewesen. Ein Herr, den die Firma geschickt hatte, kam, sah sich gewissenhaft die gesamte Wohnung und den Keller an, und kam dann zu dem Schluss, wir bräuchten für die ganze Wohnung, d.h. ein wenig Geschirr und nicht wenig Bücher, etwa 80 Kartons. Dazu noch die 20 Kartons die bereits im Keller stehen, da ich in Stunden der Muße bereits vor Jahren angefangen habe zu packen, man möchte ja nicht unvorbereitet umziehen müssen. Diese Zahl schien mir gut geschätzt, aber schließlich war dieser Herr auch ein Profi im Kartonzahlen schätzen.

Der Kostenvoranschlag den Firma W. uns schickte, ließ uns wissen, dass wir 2.600€ für diesen Umzug von Berlin nach Oldenburg (Oldb) bezahlen müssten. Ein Preis, der zwar hoch war, aber nicht sehr unangemessen klang. Schließlich würden vier erfahrene Männer (ausschließlich Deutsche, wie die Internetseite der Firma garantiert) in unsere Wohnung kommen, und alles, d.h. Möbel, Einbauküche, Sofa, Sessel, diversen Kleinkram und über eine Tonne (>1t) Bücher aus dem 4. Stock (ohne Fahrstuhl) in Windeseile nach unten tragen, wo ein Schlichter sie erwarten würde, um die Kisten und Bretter professionell im LKW zu verstauen, zu vertauen und zu verzurren. Zwei dieser Männer würden diesen professionell beladenen LKW nach Oldenburg (Oldb) fahren, dort in einem Hotel übernachten, morgens unsere neue Wohnung mit dem Inhalt des LKW füllen und wieder nach Berlin zurückfahren. Da klingen 2.600€ recht angemessen.

Ein wenig später kam Alinas Freundin T. auf die Idee, uns von einem weiteren Umzugsunternehmen zu erzählen, das auch gut und günstig sei. Wir riefen dort an und baten um einen Kostenvoranschlag. Ein Herr, den die Firma geschickt hatte, kam, sah sich gewissenhaft die halbe Wohnung an, und kam zu dem Schluss, wir bräuchten für die ganze Wohnung, d.h. ein wenig Geschirr und nicht wenig Bücher, etwa 30 Kartons. Die 20 Kartons die bereits im Keller stehen (den er sich nicht anzuschauen brauche, da ein Keller wie jeder andere sei) seien niemals ein Problem. Diese Zahl schien mehr sehr niedrig geschätzt (von den 6 Billy-Regalen im Arbeitszimmer füllten alleine 1 ½ 22 Kisten die ich aus Israel geschickt habe), aber ich sagte nichts, denn schließlich war dieser Herr ein Profi im Kartonzahlen schätzen.

Der Kostenvoranschlag, den Firma S. uns schickte, ließ uns erstaunt wissen, dass wir 1.500€ für diesen Umzug von Berlin nach Oldenburg bezahlen müssten. Dieser Preis erschien mir doch recht unrealistisch niedrig. Schließlich würden vier Männer in unsere Wohnung kommen, und alles, was auch Firma Weber nach unten getragen hätte, nach unten tragen, und in einen LKW stecken. Zwei Männer würden diesen über Nacht nach Oldenburg fahren, dort entladen und zurück nach Berlin fahren. Ich weiß nicht, wie 1.500€ da klingen, aber da es 1.100€ weniger sind als bei Firma W., ist mir das auch egal.

Unsere Wahl fiel also auf „Transporte, Lieferservice & Montage S.“. Der Herr, der zwei Wochen zuvor noch 30 Kartons geschätzt hatte, brachte uns nun 80 leere Kartons für unsere diversen Dinge, die wir mitzunehmen gedachten. Alina zog schon mal provisorisch nach Oldenburg, während ich Kisten packte. Ziemlich genau 70 Stück.

Firma S. sollte am Montagnachmittag kommen um die Wohnung auszuräumen, und sollte am Dienstagfrüh in Oldenburg ausladen. Nun stellte sich heraus, ganze drei Tage vor dem Umzug, dass die Firma am Dienstag schon einen anderen Umzug nach Göttingen im Plan stehen hatte. Also wurde unser Termin geändert. Sie wollten nun am Montag schon um 7:00 kommen, damit sie am Abend in Oldenburg sein könnten und in der Nacht dann zurück nach Berlin. Mir sollte das nur Recht sein, so hätte ich genug Zeit, unsere Wohnung zu putzen und gegebenenfalls kleinere Reparaturen durchführen.

Montag kommt, 7:00 wird es auch, aber die Firma ist nicht da. Alina ruft an und informiert mich darüber, dass die Leute erst um 10:00 kämen, damit sie nicht vor 20:30 in Oldenburg ankommen, da Alina erst dann von der Arbeit zurück ist.

Pünktlich um 10:06 klingelt mein Telefon. Firma S. Die Männer seien jetzt da, es mache aber niemand auf. Das passiert, wenn man den Umzug für Familie Treiger/Simon machen soll, aber bei der einzigen Klingel drückt, wo kein Name steht, anstatt bei Treiger/Simon zu klingeln [???].

Nun kommen zwei (!) nicht wirklich motiviert aussehende Männer, besser gesagt ein Junge und ein Herr, schauen sich die ganze Wohnung an, die Kisten, die von mir abgebaute Einbauküche, die Möbel, und endlich auch den Keller, und beginnen ihre Arbeit. Als sie nach einer Stunde merken, dass sie ja nur zu zweit gekommen sind, rufen sie sich einen Dritten als Verstärkung hinzu.

Die ganze Beladeaktion, die ich für 7:00 bis etwa 11:00 einkalkuliert habe, dauert nun von 10:15 bis 16:00. Nun ja, sie ist dann nicht beendet, sie wird unterbrochen, denn „tut mir leid, Wagen ist voll, wir fahren dann mal“.

WAS???

Der Wagen ist voll? Sie fahren dann mal? Es tut ihnen leid?

In der Tat. Der Wagen ist wirklich voll, bis unters Dach und bis zur Ladekante. Und sie haben gut gepackt. Und in der Tat, sie sind gefahren. Aber es tat ihnen nicht leid. Als ich nach einer Stunde immer noch nichts von Firma S. gehört habe, rief ich dort an, um zu fragen, wann denn nun der zweite Wagen käme, um den Rest der Sachen abzuholen. Die Dame am Telefon wusste nicht wovon ich spreche. Soso. Sie versprach mir, mich gleich zurückzurufen. Das tat sie auch, der Keller habe wohl nicht mehr in den großen Wagen gepasst. Das hätte ich mir fast gedacht. Denn alle Kisten standen dort noch rum. Und einige Möbel und Kisten in der Wohnung. Sie versprach mir, mich gleich nochmal anzurufen. Das tat sie nicht. Ich rief sie an. Sie bot mir an, die Möbel am Mittwoch zu holen. Nach dem ich ihr mitteilte, ich müsse am Dienstag aus der Wohnung raus, versprach sie mir einen weiteren Rückruf.

Das Ende vom Lied: Ich reservierte mir einen eigenen Lieferwagen, holte den am nächsten Morgen bei Buchbinder in Tegel ab, holte meinen Freund Paul zu Hause ab und gemeinsam räumten wir unseren Keller aus. Ich schleppte den Rest der Möbel nach unten, lieferte zwischendurch unser altes Bett bei seinem Käufer ab, und putzte die Wohnung. Als alles verstaut war, zwang ich die Katze in ihre Box, entfernte die Mesusa von der Eingangstür und machte mich auf den Weg nach Potsdam um Alinas Zeugnis zu holen. Nach einer langen Fahrt (Muschkas erste Fahrt mit einer Fähre) kam ich endlich in Oldenburg (Oldb) an.

Was in der Zwischenzeit geschah? Alina sitzt am Abend der Ankunft der Möbelpacker seit 20:30 in der leeren dunklen Wohnung. Um 21:00, als die Männer endlich ausladen sollen, passiert nichts. Um 21:30 passiert nichts. Um 22:00 passiert nichts. Um 22:05 rufen sie an, und erzählen, sie seien jetzt in Oldenburg angekommen, könnten jedoch die Straße nicht finden. Das Problem dieser beiden Männer: Eine Straße mit dem Namen den sie suchen gibt es nicht in Oldenburg in Holstein! Genau dort sind sie nämlich gelandet – mitsamt unserer Möbel. Um 3:00 am nächsten Morgen fuhren sie nach getaner Arbeit von Oldenburg (Oldb) zurück nach Berlin. Alina war sehr zufrieden mit der professionell verrichteten Arbeit der Firma Schmidt (jetzt habe ich mich doch noch verplappert), und auch ich konnte keine Worte mehr finden angesichts dieser Leistung.